Driven   U.S.A / Austria   1998

Barbara HOLUB  

Art Chicago 1998, die internationale Messe für Kunst fällt genau in die Zeit der Eröffnung des Projekts "Pick up Truck Gallery". Barbara Holub fährt mit dem Truck in die Art Chicago und kündigt ihr Projekt "Driven" mit einem männlichen Stripper an. Vor Kunstpublikum entkleidet sich der Mann; durch einen am Boden stehenden Kassettenrecorder hören wir die Stimme Holubs: "Alle diese Kunst, die Sie umgibt, die Sie aber nicht persönlich meint...Vielleicht wollten Sie immer schon etwas mehr. Vom Leben. Von sich selbst...Niemand kann Ihre Gedanken lesen. Sie müssen sich nicht unwohl fühlen..."

Driven wurde für die sogenannte "Pick up Truck Gallery" des Künstlers Matthew Girson konzipiert. Girson setzte eine Initiative jenseits des normalen Galeriebetriebs und benutzte die Infrastruktur, die ihm zur Verfügung stand: einen Pick up Truck. In der Folge lud er KünstlerInnen ein, die sich mit Aspekten von Öffentlichkeit beschäftigen, um Projekte für eine Fahrt durch Chicago zu entwickeln - mit seinem Pick up Truck. Barbara Holub erarbeitete ein Hörspiel, in dem sie sich mit anthropologischen Fragen auseinandersetzte: Zusammenhänge und Interaktionen zwischen Verbergen und Begehren ist ein Forschungsfeld, dem sich Holub auf empirische und gleichzeitig suchende Weise annähert.

Der Pick up Truck eignet sich hervorragend, um Mechanismen von verdrängtem Begehren nachzuspüren: einen Kunstbetrachter, eine Kunstbetrachterin, so sie sich ausserhalb eines gesicherten Kunstinstitutionsbereichs auf eine Fahrt durch Chicago einlassen, sind allein schon über den "Besuchsakt" durch eine gewisse gesteigerte Erwartungshaltung gekennzeichnet. Diesem Thrill setzt Holub nun ein Hörspiel entgegen, das sich mit dem gesellschaftlichen Verdrängen der Stadt beschäftigt: mit der Nichtsichtbarkeit von Prostitution und den verschiedenen Moralvorstellungen innerhalb Chicagos. Holub führte Gespräche mit Prostituierten, arbeitete eigene Texte vorwiegend in Form von Suggestionsfragen zwischen die Gesprächsfragmente ein und kreierte so ein Hörspiel für das kunstinteressierte Publikum, dem sie einerseits Entspannung gönnt, um es andererseits an Schauplätze zu bringen, an denen Intimitäten verkauft werden.
"Machen Sie es sich bequem, setzen Sie die Schlafbrille auf. Sie wird Ihnen helfen, Ihre neuen Erfahrungen zu geniessen... Haben Sie jemals über Abgründe nachgedacht, die in Ihnen existieren? Die gleichzeitig auch verführerisch sind?" ... "Sie fragen mich, ob ich mich manchmal einsam fühle? Ich fühle mich am wohlsten mit meinen Männern. Mir ist es am liebsten, es kommt einer, der weiss, was er will. Er zahlt dafür mit Geld. Ich biete ihm das, was ich bieten kann. Wir sind uns beide bewusst, was wir voneinander erwarten. Offenheit und Ehrlichkeit, das ist das Allerschönste für mich..."(aus dem Hörspiel "Driven")

Der Fahrgast wird dialogisch immer wieder in das Geschehen miteinbezogen, die Schlafmaske verhindert aber die visuelle Verfolgung der Fahrt, die durch Stadtteile führt, in denen Prostitution bzw. Sexbusiness stattfindet. Da selbiges in Chicago offiziell verboten ist, ist es für Aussenstehende auch nicht sichtbar, weil die Zeichen dafür verborgen sind; für den Fahrgast bzw. den Besucher/die Besucherin der fahrbaren Installation Holubs wird das Nichtsichtbare durch Suggestion, verbundene Augen und Erwartungshaltung ebenda sichtbar gemacht.
Die Aktion endet damit, dass der Fahrgast wieder an den Ausgangsort zurückgefahren wird und via Tonband den Hinweis erhält, mit noch verbundenen Augen das Handschuhfach zu untersuchen: hier verstaut Barbara Holub zwei aufblasbare Multiples, die vordergründig nicht erotisch sind und erst durch das vorangegangene Hörspiel wie tabuisierte Objekte wirken. (Suess)


Ausstellungen

RBB-Kunstpreis, 1997

Galerie Schafschetzy Studio, Graz (ST), Austria

Driven, 1998

7562 LR-Truck Gallery, Chicago, U.S.A

Kompression, 1998

Schallautzerstraße 4, Wien, Austria

Spezifikationen

36min mono Farbe PAL

Technisches Protokoll

Mini Digital Video (Aufnahme); Media 100 (Digital Schnitt); Beta SP (Master)

Mitarbeit

Kamera: Matthew Girson, Barbara Holub; Schnitt: Dariusz Krzeczek, Barbara Holub; Stimmen: Robin Lee, Barbara Neusiedler, Anna Hostalek, John, Erika Kaufmann, Barbara Holub; Sound design: Lutz Nerger, Michael Stohmann; Soundproduktion: Rinoisl Studio, Vienna, in Zusammenarbeit mit der Akademie für Musik und darstellende Kunst, Vienna.

Produktion

Barbara Holub

Postproduktion

Zone, Wien

Förderung

BMUK (Dr. Timmermann); Stadt Wien(Frau Erika Kaufmann)

Copyright

Barbara Holub

Sichtungskopie

Basis Wien, Kunst, Information und Archiv, Wien