MS Stubnitz   Austria / Germany   1991 - 1994

Armin MEDOSCH  

Zu Beginn der 1990er Jahre sorgte ein spektakuläres Projekt für Aufsehen und scharfe Kontroversen in der österreichischen Öffentlichkeit: Eine Gruppe junger KünstlerInnen aus Österreich, der Schweiz und Deutschland kaufte 1992 unter abenteuerlichen Umständen eines von 70 ehemaligen Hochseefischfangschiffen der zur Veräußerung freigegebenen DDR-Flotte und baute es zu einem multifunktionalen Kunstkutter um, dessen Heimathafen Rostock war (und bis heute geblieben ist). Noch bevor das ?Kunst Raum Schiff? MS Stubnitz als schwimmende Kommunikationsplattform richtig losfahren konnte, ging das Geld aus, und so musste das Projekt 1994 gezwungenermaßen stranden. Eine erste Reise nach St. Petersburg und Malmö fand noch statt, aber danach konnte die geplante weitere Route nicht mehr genommen werden, weil die erhofften Privatsponsorengelder ausgeblieben waren. Das Schiff sollte als permanente Installation begriffen werden, auf der Gäste aus den verschiedensten Bereichen ? Kunst, Architektur, Design, Musik - in den bereitgestellten Medienlabors eigene Projekte realisieren konnten, aber auch in enger Vernetzung mit den Zielhäfen temporäre Veranstaltungen, Ausstellungen oder Performances stattfinden würden.

Die kurze Geschichte der MS Stubnitz hat für den lokalen und historischen Kontext Anfang der 90er Jahre geradezu gleichnishaften Charakter: Sie ist symbolisch für den utopischen Anspruch junger Kunstschaffender, ein großes Projekt jenseits eines institutionellen Kontextes zu lancieren; symbolisch auch für den Status der angepeilten Kunst(szene), die mit ?Multimedia? umschrieben werden kann und das Spektakel als Event mit einbezog; und nicht zuletzt symbolisch für eine spezifisch österreichische Situation, wo baden geht, wer versucht, aus den Fängen der staatlichen Kunstförderung auszubrechen. Bis heute wird der Österreicher Armin Medosch, einer der Initiatoren der MS Stubnitz, von einer Bürgschaftsklage des Landes Mecklenburg-Vorpommern verfolgt. Medosch war nach der Stubnitz-Episode Mitbegründer und Redakteur des Netzmagazins Telepolis und unterrichtete später auf einer englischen Kunstuniversität. Bereits in früheren Projekten entwickelte er alternative Modelle für Gegenöffentlichkeiten in der aufkommenden ?Informationsgesellschaft? und war damit entscheidend an der Bildung neuer mobiler Kunst- und Kommunikationsräume beteiligt. (pg)


Ausstellungen

Projekt MS Stubnitz

Hafen Rostock, Rostock, Germany

http://stub.mur.at

Spezifikationen

Technisches Protokoll

Umgebautes Hochseeflottenschiff, Baujahr 1963, 80 Meter lang, 2600 Tonnen schwer; umfunktioniert zum Raum für diverse Kunst- und Medienaktivitäten; Soundinstallationen und Kunstlabor

Intermedia-Projekt mit den Schwerpunkten interdisziplinäre Kunstformen, Medienkunst, Performance, Live-Events, Musik und Design

Mitarbeit

Urs Blaser, Antonia Neubacher, Christian Jost, René Römert

Produktion

Temoräres Kunstprojekt

Sichtungskopie