Der musikalische Affe II, Gedächtnis und Musik   Austria   2000

Rudolf POLANSZKY  

Primzahlen gibt es quasi unendlich viele, soviel ist eindeutig bewiesen. Alle ganzen Zahlen die ? außer durch die Zahl 1 und durch sich selbst - nicht durch ganze Zahlen teilbar sind: 1, 3, 7, 11 ? und 103 und 123461. Ihre zyklisch regellose - und dennoch perfekt symmetrische Struktur ist für viele bedeutende MathematikerInnen Ausgangspunkt zahlreicher Forschung. Unter andern sei die berühmte Riemann?sche Vermutung erwähnt, einem Beispiel um ihnen mittels Berechnung auf die Spur zu kommen. In der Informatik erweisen sehr hohe Primzahlen durch ihre Eigenschaften zur Verschlüsselung von Daten begehrte Dienste. Viele so genannte ungelöste Primzahlprobleme sind das Zepter der Königin der Mathematik.

Der Künstler Rudolf Polanszky ist als musikalische Affe auch Zahlentheoretiker und die Primzahlen Teil seiner experimentellen Forschung: für ihn liefern sie unter der Zuhilfenahme der Räumlichen Dimension, die Noten für seine Musik. Polanszky geht davon aus, dass Musik ein Verhältnisspiel von Zahlen ist. Darüber hat in zwanzigjähriger Forschung auch der Musiker und Mathematiker Mazzola in seinem Werk ?The Topos Of Musik? Nachweise erbracht: Musik ist eine exakte Wissenschaft und alles, was sie betrifft, von Rhythmus und Harmonie über zu Metrik und Komposition, ja auch Gefälligkeit ist demnach mathematisch in Formeln auszudrücken.

Die Formeln von Polanszky zielen auf die Darstellung und Illustration von Primzahlenverhältnissen mittels verschiedener Instrumente. Die Installation Der musikalische Affe II zeigt seine Versuchsanordnung in drei Schritten: die erste Monitorreihe zeigt den Künstler mit einem zu einer Spirale geformten Draht. Die Bewegung macht aus der Spirale und Polanszky einen Produzenten möglicher Beobachtungspunkte. Die Einteilung in Primzahlen geschieht mit an den Spiralen angebrachten Stofffähnchen. Der Draht symbolisiert die so genannte Nulllinie: die Möglichkeiten der Position eines beliebigen - ich nenne sie hier mal ? Primzahlfähnchen im Verhältnis zu der Position des Primzahlfähnchens X ist somit eine Lösungsmenge, die, mathematisch gesprochen, gegen unendlich strebt.

In der zweiten Monitorreihe wendet Polanszky eine für seine Arbeitsweise charakteristische Taktik an: er erzeugt analoge Daten zu den von ihm generierten Daten. In diesem Fall werden die willkürlich erzeugten Positionen der Primzahlfähnchen in ein neues Ordnungssystem für Töne übertragen. Ein Raster also, das es ihm erlaubt, die jeweiligen Positionspunkte als Töne zu übertragen. ?Meiner Meinung nach erfinden wir stetig Systeme. Diese konstruktivistische Weltsicht ist wahrscheinlich bei der Interpretation von Welt notwendig.? (Rudolf Polanszky in einem Gespräch mit Rosa v. Suess)

In der dritten Reihe zeigt Polanszky die Illustration seiner Lautgewinnung am Beispiel eines Instruments. D.h. er spielt die mittels Polanszky?schen System erzeugten Töne auf den jeweiligen Instrumenten. Die vorliegende Wiener Fassung beschäftigt sich mit den Instrumenten Chello, Posaune und Akkordenon und versteht sich als ein Teil der Gesamtkomposition.

(Rosa Suess)


Ausstellungen

Rudolf Polanszky, 2003

Galerie Hohenlohe & Kalb, Wien, Austria

http://www.rudolf-polanszky.com/index3_2.html

Spezifikationen

stereo Farbe PAL

Technisches Protokoll

VHS (Aufnahme); Postproduktion durch neuerliche Aufnahme und Abfilmen vom Monitor nach Veränderung; VHS (Master); DVD (Masterkopie)

Edition: (Auflage 10 Stück; signiert and nummeriert)
Kartonkassette 37 x 29 x 8 cm:
ein Videoband (VHS), neun Fotoabzüge 28 x 20 cm
Installation:
Wiener Fassung
1 (9) Monitore, 1(9) Abspielgeräte, Ein-Kanal Zuspielung;
9 Tafeln mit je 8 Fotos 40 x 28 cm,
Original collagiert and signiert, gerahmt und verglast, 120x100 cm

Edition

Wiener Fassung

Copyright

Rudolf Polanszky

Sichtungskopie

Niederösterreichisches Landesmuseum, St. Pölten, Medienkunstarchiv Wien

Rudolf Polanszky
Benedikt Ledebur im Gespräch mit R. Polanszky: in "Der Ficker", Wien 2005