Die Börse, die Zeit und das Geld   Austria   1988 - 1989

Romana SCHEFFKNECHT  

Die Börse liefert kontinuierlich Kursnotierungen von Aktienpreisen. Diese beziffern jene Bewertung(en), die die zukünftige Erwartung in Geld und Kapitalmärkte suggerieren. Und obschon diese Notierung pure Gegenwart heißt, spiegeln jene Erwartungen nicht nur die Realwerte der Aktien, sondern eröffnen gleichsam ein Spiel, dessen Regeln mannigfaltig variierbar sind und gleichzeitig den Diskurs der Werte in ein Feld immer neuer Parameter wirft. Ein Spiel mit den potentiellen Zukünften dieser Aktien und deren Derivate mit Auswirkungen auf momentane und zukünftige Märkte und damit ein Spiel mit der Zeit und mit dem Geld.

Der Kurs(wert) ist ein Konglomerat aus Sein und Hoffnung und bewertet Geld in der Zeit unter dem Aspekt der Erwartung an die Zukunft. Dennoch bewertet er auch Zeit und ist somit Zeit und Geld. Angesichts dieser kontinuierlichen, scheinbar ohne unser Zutun auskommenden Bewertung, Abwertung, Aufwertung antworten die SpielerInnen mit der Monotonie des ebenso hoffnungsvollen wie lustlosen aktiven und/oder passiven Gebets: Konsum, Verzicht, Lust, Verlust, Hoffnung, Glauben. Dieses Beten liefert neue Bewertungsgrundlagen, deren mögliche Zukünfte wiederum reale Notierungen liefern.

Romana Scheffknecht baut drei riesige Leinwände auf, zeigt darauf Börsenkurse einzelner Aktien, Geldwerte verschiedener Währungen und Zeitwerte, bei denen im Sekundentakt die Stunden vergehen. In großen Lettern werden Abbilder von Dimensionen, sich fortwährend verändernden Werten von Kursen, Geldwerten und Zeit einander gegenübergestellt. Hier wird ohne unser Zutun gebetet: als auditiver Motor der Installation arbeitet eine Endlosschleife mit dem - durch schlechte Aufnahmequalität blechernen - Sound des Gebets tibetanischer Mönche.

Die Künstlerin inszeniert Befindlichkeiten der Welt, eine Bewegung, die zwar variabel, vor allem aber mit vorhandenen Skalen messbar ist. Die Leinwände stecken, so gesehen, wie Seismographen in der Erde und geben Werte der Befindlichkeit aus: Die Zeit, das Geld und die Börse. Deren Zahlen und Zeichen pumpen in der Installation Kontinuität und Variabilität in den Ausstellungsraum - unaufhörlich arbeitet Zeit, Wert und Bewertung als visuelle Oberfläche.

Demgegenüber findet sich der Betrachter innerhalb der Interpassivität des Betens und des Zählens; beides wird stellvertretend für ihn erledigt. In irgendwelchen tibetanischen Klöstern, auf irgendwelchen Märkten.
(Suess)


Ausstellungen

Messages from Heaven, 1994

Institut Francais de Vienne Clam-Gallas, Wien, Austria

Spezifikationen

stereo Farbe/SW PAL

Technisches Protokoll

Artstar (Programmierung); Beta SP (Master).

Mitarbeit

Rosi Bauer (Programmierung)

Postproduktion

Nachbearbeitungsstudio Houdek & Kurek, Wien

Förderung

Bundesministerium für Unterricht Kunst und Sport (Österreich)

Copyright

Romana Scheffknecht

Sichtungskopie

Niederösterreichisches Landesmuseum, St. Pölten; Medienkunstarchiv Wien