AMA-ZONAS   Brazil / Germany   1986 - 1987

Ulrike ROSENBACH  

Die Künstlerin Ulrike Rosenbach realisierte mit AMA-ZONAS eine Video- und Foto-Installation die als Ritual zum ?Abschied von 13 Bäumen? ( Untertitel der Arbeit AMA-ZONAS) entwickelt wurde. Rosenbach fotografiert Bäume an Uferabschnitten des Amazonas in Brasilien; die gerahmten Bilder platzierte sie dicht nebeneinander an der Wand.
Wie Fundstücke aus einer anderen Welt berichten die Bilder von Zonen unseres Erdballs, die die Künstlerin mit der Verwendung des Titels AMA-ZONAS (AMA bedeutet im Sanskrit Seele) als Zonen der Seele codiert.

Das Video zeigt die einzelnen Bilder in einer 30-minütigen Sequenz, wobei jeweils ein Bild langsam in das nächste überblendet wird. Dadurch entstehen zwischen den einzelnen Aufnahmen eine Reihe von neuen Bildern. Nicht das formale Element der Überblendung, denn dafür wäre sie zu langsam, und nicht die einzelnen Bilder der Bäume am Ufer stehen im Mittelpunkt, sondern die erzeugte Bewegung, die dem gleichförmigen Prozess des Wachsens entspricht und immer neue Formen mystischer Amazonas-Schönheit entstehen lässt.

Betont langsames Tempo und detailbetonte Genauigkeit in der Bildfolge sind hier, wie in anderen Arbeiten Rosenbachs, Methoden, die Sehgewohnheiten eines Fernsehpublikums nicht zu erfüllen, - und es ist die Aufforderung sich ?Zeit? zu nehmen. Auf der Tonspur des Videos ist das rhythmische Wechseln von Stille und plötzlichem Knacken. Einem Knacken, das entsteht, wenn ein Baum das Gleichgewicht verliert und fällt. Diese die Zeit strukturierenden Elemente der Videoarbeit sind humorlose Laute - und die Stille dazwischen. Sie lässt eine hoffnungsvolle Pause, gerade genug Zeit für einem Atemzug und damit für die Vorstellung, dass es möglicherweise noch andere Möglichkeiten der Weiterführung gibt.

In der Wiederholung wird deutlich: Zerstörung und Wachstum liegen nahe beieinander. ?Ich mache keine Videoarbeiten, die ?Dokumentationen sind ? sondern Dokumente des Innenlebens?(Zitat Rosenbach in einem Interview mit Elisabeth Jappe, aus: Performance, Ritual, Prozeß; Prestel Verlag, München 1993)

Tatsächlich: der Regenwald des Planeten Erde ist Gefahr. Noch immer und fast 20 Jahre nach Rosenbergs Arbeit, ist das Knacken der umfallenden Bäume Realität. Derzeit verschwinden in 2 Sekunden Regenwaldanteile in der Grösse eines Fußballfeldes. Der Regenwald, ein hochorganisiertes Biotop mit einer Artenvielfalt, von der gerade mal zu 2 % als näher untersucht gelten, wird gemeinhin als Lunge der Erde bezeichnet. Rosenbachs Benennung als "Zonen der Seele" verweist auf die metaphysische Bedeutung dieser Lunge.

Zynisch könnten wir sagen, die Arbeit sei die Vorwegnahme eines Mahnmals. Rosenbach spekuliert aber mehr auf die mystische Kraft von Medien und Ritualen. Ihr "Abschied von 13 Bäumen" hat nichts mit der Geste der Aufklärung zu tun; die Künstlerin leistet zwar Trauerarbeit (Abschied), das heißt hier geht es um tatsächlichen Verlust, dennoch ist in ihren Inszenierungen die Natur als heilender Gegenmythos präsent. Die Künstlerin setzt den Monitor inmitten eines rechteckigen Feldes aus Salz. Die Amazonasufersäume reflektieren sich in Spiegeln, die ebenfalls im Salzfeld stecken. Salz hat in den verschiedenen Mythologien vor allem die Bedeutung von Fruchtbarkeit, in der keltischen Mythologie kommen die Seelen, wie das Salz aus dem Wasser.

Für Rosenbach ist die Verwendung von symbolischen Zeichen und Materialien zunächst eine zeitlose Form der Kommunikation. Kreis, Pentagramm, Salz und Feuer, die in ihren Arbeiten Anwendung finden, sind für sie zudem Trägerstoffe kultureller, vor allem frauenspezifischer Werte und Bewertungen. Die Künstlerin schafft mit ihren Arbeiten rituelle Orte an denen sie mittels Medien und Performance spirituelle Kommunikationsformen entwickelt. "Es geht immer darum, dass der Mensch in der Natur sich befindet und eins ist mit der Natur." (Rosenbach über ihre Arbeit Naturkreisaktionen,1970; in: Performance, Ritual, Prozeß; Prestel Verlag, München 1993)

(Suess)


Ausstellungen

Zurück zur Natur - aber wie?, 1988

Städtische Galerie Prinz Max Palais, Karlsruhe, Germany

Ressource Kunst, 1991

Künstlerhaus Bethanien, Berlin, Germany

Mücsarnok Kunsthalle Budapest, Budapest, Hungary

Ulrike Rosenbach, 1992

Galerie Stadtpark, Krems (NÖ), Austria

Spezifikationen

30min mono Farbe PAL

Technisches Protokoll

Kleinbildfotokamera, 36mm Dia-Film; Olympus, (Aufnahmen); U-Matic Lowband, Sony, JVC, (analoger Schnitt); U-Matic Lowband (Master).

Installation: 1 Monitor; Videoband, Zuspielgerät (VHS); 30 (16) Fotographien: Orginalabzüge der Dia-Aufnahmen, 30 x 40 cm, gerahmt; Spiegel; Salz.

Produktion

Ulrike Rosenbach, Köln

Copyright

Ulrike Rosenbach

Sichtungskopie

Sammlung des Niederösterreichischen Landesmuseums, St. Pölten; Medienkunstarchiv Wien

Peter Zawrel zur Ausstellung von Ulrike Rosenbach in der Galerie Stadtpark, Krems, 1992
Bibilographie: Ulrike Rosenbach
Biographisches Ulrike Rosenbach