Selbstportrait konkav   Austria   1996 - 2003

Katarina MATIASEK  

"There´s no such thing as autobiography, there´s only art and lies."
Jeanette Winterson: "Art & Lies" 1995

Ausgehend von einem der extravagantesten und außergewöhnlichsten Selbstporträts der Kunstgeschichte, Parmigianinos "Selbstbildnis im Konvexspiegel" aus dem Jahr 1524 (Kunsthistorisches Museum Wien), entwirft Katarina Matiasek in ihrer Arbeit "Selbstportrait konkav" einen eigenen Diskurs über Bild, Abbild, Spiegelungen und Formen der Wahrnehmung. Parmigianino, der besonders für seine Bildnisse berühmt war, malte sein Selbstporträt im Alter von einundzwanzig Jahren als Empfehlung für Papst Clemens VII. Es wurde kein bloßes Abbild des jungen Malers allein, sondern darüber hinaus eine Probe des Talentes, des Selbstbewusstseins und vor allem des Erfindungsgeistes von Parmigianino. Die maßgeblichen Verzerrungen erklären sich durch die Verwendung eines konvexen - nach außen gewölbten - Spiegels, dessen "Abbild" vom Maler auf ein ebenfalls gewölbtes Stück Holz übertragen wurde. Die rechte Hand umrundet praktisch den gesamten unteren Rand des Bildes; sie hält einen Stift, wesentliches Arbeitsinstrument des Malers, aber auch Zeichen der Tätigkeit des Malens. Die Freude am artifiziellen und fantastischen Spiel, wie es in Parmigianinos Bildnis durch die Anamorphose - "Verstreckung" - angelegt ist, begleitet auch Matiaseks "Selbstportrait konkav".
Durch eine einfache Dia-Projektion des Bildes von Parmigianino auf das Gesicht eines mit der Künstlerin befreundeten Mannes entstand eine Art "animiertes" Porträt, das von einer Kamera aufgenommen wurde und die Grundlage für den Video-Loop bildet. Eine Sequenz von drei Sekunden wurde ausgewählt, um die Charakteristik eines bewegten Blickes entstehen zu lassen. Indessen bleibt der Eindruck der Bewegung vage, einzig konkretisiert durch ein Augenzwinkern dieser gedoppelten Figur. Durch die Rückprojektion entsteht aus dem Abbild im Verhältnis zu Parmigianinos "Original" ein (seitenverkehrtes) Spiegelbild; die Bezeichnung "konkav" im Titel der Arbeit bezieht sich damit auf die Installationssituation in einem schmalen, schwarzen Raum, in der sich die BesucherInnen quasi wie in der konkaven Höhle des erweiterten Bildraumes aufhalten. In der Überblendung von zwei männlichen Gesichtern versteckt sich aber auch die "wahre" (- im Sinne von Wintersons Eingangszitat) Identität der Künstlerin (des Künstlers?) hinter einer Maske aus Künstlichkeit, fiktiver Geschlechtskonstruktion und angewandter Technik. Im Spiel um die eigene Identität geht es letztlich auch um die Inszenierung eines Verwirrspiels, bei dem u.a. die Möglichkeiten des eingesetzten Equipments zählen: Das zu betätigende Instrument in der (jetzt linken) Hand könnte sich durchaus als eine Computermaus entpuppen. (patgrz)


Spezifikationen

3sec kein Ton Farbe PAL

Technisches Protokoll

Dia-Projektion des Selbstporträts von Parmigianino auf ein lebendes Gesicht; Video Hi8-Aufnahme überspielt auf DVD; Avid (Schnitt)

Installationsansicht: Projektor, Rückprojektions-Maße: kreisförmig, 26cm Durchmesser
Das Video kann ergänzt werden durch zwei korrespondierende monochrom blaue Farbfotografien, die ebenfalls eine Überblendung des Parmigianino-Porträts zeigen, einmal männlich, einmal weiblich.

Produktion

Katarina Matiasek

Postproduktion

Medienwerkstatt Wien (DVD)

Copyright

Katarina Matiasek

Sichtungskopie

Niederösterreichisches Landesmuseum, St. Pölten