lost in cyberspace   Austria   1995

Jonathan QUINN  

Die Wirkung dieser Arbeit beruht in erster Linie auf dem Effekt der durch den Titel geschürten, dann aber enttäuschten Erwartung des Zusehers oder der Zuseherin. In dieser Hinsicht steht das Video, das als Loop konzipiert ist und sich als Video selbst wohl am besten als Visual zu Musik eignet, in der Tradition amerikanischer und europäischer Meister der Punchline, die mit Tafelbild- oder Skulpturbetitelungen experimentierten.
Entgegen der Erwartung findet "lost in cyberspace" nämlich nicht im virtuellen, sondern im eindeutig realen und banalen Raum der alltäglichen Ereignisse statt. Man sieht den sich hektisch bewegenden Kopf einer Person (des Künstlers, Anm.), der einen Virtual-Reality-Helm inklusive Brille und Ohrhörer trägt. Das Video läuft in doppeltem Zeitraffer, was den Eindruck des hysterischen Gefangenseins des Akteurs noch verstärkt.
Die Komik der Arbeit beruht also auf der Spannung zwischen dem Fortschritt verheißenden Schlagwort "cyberspace", der Anspielung auf Sci-Fi-Klischees ("Lost in Space" war eine TV-Serie für Kinder in den 1960er Jahren) und der Banalität und technischen Grobheit der tatsächlichen Realisierung des VR-Interfaces der Firma "Cyberspace GmbH., Wien". Der Akteur ist nun aber tatsächlich verloren in den von der Maschine gelieferten Zeichenketten, wie seine Kopfbewegungen andeuten (die allerdings auch gespielt sein könnten). Die unheimliche Banalität und Leichtigkeit der Manipulation des menschlichen Wahrnehmungs- und Aktionsvermögens wird offensichtlich und mag auch ein gewisses Mitleid erzeugen. Als Visual, z.B. im Zusammenhang mit elektronischer Musik, würde sich die Wirkung des Videos aus dem Zeitraffereffekt nähren, der eine der tragenden Standardtechniken von Musikvideos ist. (Raab)


Ausstellungen

event 2, 1995

Südtiroler Platz, Wien, Austria

Spezifikationen

48sec kein Ton Farbe PAL

Technisches Protokoll

Aufnahme Super-VHS, danach abgespielt und auf doppelter Geschwindigkeit aufgenommen

Mitarbeit

Karin Macher (Kamera)

Produktion

Jonathan Quinn

Postproduktion

Filmakademie Wien (an der Universität für Musik und darstellende Kunst)

Copyright

Jonathan Quinn

Sichtungskopie

Medienkunstarchiv Wien