goethe/schiller   Austria   1999

Daniel ANGERMAYR   Thomas GOERGE  

Wir sehen eine Bewegungstudie zweier sich umarmender Mädchen frühen Schulalters in Zeitlupe. Die Szene ist mit einem Lied von John Lee Hooker verbunden, dem zur Erhöhung der Spannung zusätzlich noch eine diffuse Tonfläche unterlegt wurde. Dem Gesichtsausdruck nach zu schließen, schwanken die Akteurinnen zwischen dem Gefühl der Nähe zweier Freundinnen und der Neugierde/Ängstlichkeit durch die Ablenkungen der (für uns nicht einsichtigen) Umgebung, deren dominierendes Element die laufende Kamera zu sein scheint.
Dass sichtbare Aufzeichnungsgeräte das Verhalten der aufgenommenen Menschen ändert bzw. im ethografischen Sinne "stört", wurde bereits vom französischen Ethnologen und surrelistischen Schriftsteller Michel Leiris bemerkt. Im Video "Goethe/Schiller" kann man die Verunsicherung und Brechung der Unmittelbarkeit kindlicher Emotionen an Mimik und am ins Schauspielende gehende Körperverhalten der Kinder studieren. Indem sie unsere Aufmerksamkeit auf das bereits "mediatisierte" Verhalten der Kinder lenken, erteilen Angermayr/George dem authentistischen Gestus der Frühzeit des bewegten Bildes ihre zeitgemäße künstlerische Absage. Da die Arbeit als Seitenprodukt eines Werbefims für das Wiener Kindertheater entstand, kann es auch als persönliche Kritik der Künstler an der Oberflächlichkeit von Werbung im allgemeinen gelesen werden. Ob sie aber mit dem etwas kryptischen Titel "Goethe/Schiller" auf den zweifellos vorhandenen poetischen Wert ihrer Arbeit oder direkt auf eine Kritik der so genannten Hochkultur anspielen wollen, soll hier nicht entschieden sein. (Raab)


Spezifikationen

1min 32sec stereo SW PAL

Technisches Protokoll

gefilmt auf MDV, geschnitten auf U-Matic

Produktion

Thomas George, Daniel Angermayr

Copyright

Thomas George, Daniel Angermayr

Sichtungskopie

Medienkunstarchiv Wien