TV - Mühle   Austria   1989

Karl KOWANZ  

"TV-Mühle" ist eine - wie der Titel schon beschreibt - Installation in Bewegung. Zwar sind die aus Aluminium gefertigten und an Möbel erinnernden Konstruktionen, die, einmal den Monitor tragend und dann um den Monitor herum angeordnet, nicht, wie bei einer Mühle durch Wind oder sonstige Energien in Bewegung, sondern in Bewegung, da sie durch ihre Anordnung und durch die Spiegelungen des Videobilds auf dem glatten Aluminium eine Wahrnehmung erzeugen, die eine Rotation der filigranen Teile um den Monitor vermuten lassen.
Gleichzeitig wird dem/der BetrachterIn durch die Wiederholung einer Endlosschleife auf dem zentralen Monitor (Motor), der eine stumme Abfolge verschiedener schleifender Videoprozesse zeigt, die absurde Bewegung eines perpetuum mobiles suggeriert. Durch die Bilder wird abwechselnd die stabile und präzise Konstruktion der Inszenierung unterstrichen, um dann wieder die Fragilität und Einsturzbereitschaft des Gesamten zu betonen.

Gewohntes und Gemachtes gehen eine enge Verbindung ein. Kowanz operiert auf zwei Ebenen: der komplexen, stabilen Herstellung von Gleichgewichten umfunktionierter, aber gewohnter Möbel und der Verwendung von konstruiertem Licht, Farbe und Spiegelungen des Videobildes. Die Bänder stellt Kowanz zumeist mit Eigenbaumaschinen her; hier ist es eine Maschine, die das, von links nach rechts auf das Monitorbild "einrollende" stets bewegte Bild, durch Indifferenzen von Gleichgewicht und Bewegung, Ausgewogenheit und Einsturz transportiert.
Kowanz nennt seine Video-Raumarbeiten bewusst Inszenierungen. Er vermeidet den Ausdruck Skulptur. In der Inszenierung bietet das Objekt den Raum für das Video. Weiters wird der Standpunkt des Betrachters/der Betrachterin bewusst in das Spiel der Auslotung der Zusammenarbeit des Bandes ("des schleifenden Prozesses") und des Festkörpers ("mit stabilem Gleichgewicht") miteinbezogen.

Das Video: Eine gebaute Lichtrollenmaschine - so etwas wie eine kleine, rein mechanisch-analoge Maschine auf Plattentellern - arbeitet in Echtzeit mit dem Videosignal durch das Verfahren eines Luminanzkey (Helligkeitsstanze). Die Echtzeiterarbeitung innerhalb der analogen Videotechnik ist für den Künstler ein interessantes Experimentierfeld, da hier Echtzeit ein nie erreichbares Ziel bleibt. Verzögerungen sind Teil des Prozesses. Videographieren heisst für Kowanz nie bloßes Abbilden, sondern Untersuchungen am Medium selbst.
Statische und kinematische Bilderzeugung und Verfremdung zu untersuchen,
Objekte zu schaffen, die von sich aus "eine Bewegung haben", erlauben es Kowanz, durch das partielle Kombinieren zweier Videobilder zu einem neuen Bild zu finden.

"Da diese Maschine eine mechanische Maschine ist, arbeitet sie ungenau, und es ergeben sich Indifferenzen und Asynchronität. Diese Ungenauigkeiten im Bild zu thematisieren ist mir ein Anliegen" (Karl Kowanz im Gespräch mit dem medienkunstarchiv). Verzögerungen und Lichtindifferenzen werden anhand von bewegten Folien, deren Form unterschiedlich ist, miteinander und "ineinander" überlagert. Rückschlüsse auf die Erzeugung verschiedener Bilder durch unterschiedliche Folienbeschneidungen erlauben die Produktion von Bildern, die die Eigengrammatik und Logik eines von der Realität abgehobenen transistorischen Videofluiduums betonen. (Suess)


Ausstellungen

Raum annehmen III, 1990

Galerie Grita Insam, Wien, Austria

Dissipative Inszenationen, 1991

Museum Moderner Kunst, Wien, Austria

Objekt versus Raum. Zeitgenössische Bildhauerei aus Österreich, 1992

Centro Cultural Tecla Sala, L´Hospitalet, Barcelona, Spain

Galerie Gerald Piltzer, Paris, France

Museion - Museum für moderne Kunst, Bolzano, Italy

Tallin Art Hall, Tallin, Estonia

Villa Merkel, Esslingen, Germany

Spezifikationen

kein Ton Farbe PAL

Technisches Protokoll

Videoband: Graphic (Adobe Photoshop), U-Matic LB (Aufnahme); Einspielung via Luminanzkey über mechanisch-analoge Lichtrollenmaschine (Eigenbaumaschine Karl Kowanz); U-Matic HB (Master).

Aluminium, 1 Monitor, 1 Videoplayer (200 x 38 x 210).

Produktion

Karl Kowanz

Copyright

Karl Kowanz

Sichtungskopie

Medienkunstarchiv Wien

F.E. Rakuschan in: Karl Kowanz, Katalog, Galerie Grita Insam 1990
Heidi Grundmann in "Kowanz Mark Rainer - Dissipative Inszenationen"