Selbst ("Helmut Rainer")   Austria   1995

Helmut RAINER  

Materialien neu zu interpretieren, sie als Hardware für seine lichtgenerierenden Programme einzusetzen ist einer der Hauptansätze in Rainers Werkbegriff. Die Arbeit Selbst ("Helmut Rainer") verweist mit seinem Titel auf Selbstreflexion und Repräsentation seiner Person. Mit der Verwendung eines von ihm getragenen Arbeitsanzugs interpretiert Rainer die Oberfläche Kleidung zum Selbst - nicht aber ohne die Oberfläche:Selbst mit einem Sender zu versehen: in der ?Brust(Herz)tasche? (Rainer) ist ein LCD Monitor eingearbeitet, der innerhalb des Werkbegriffs Rainers als Software fungiert. Rainers Bänder zeigen präzise eingesetzte Gestaltungsmittel wahrnehmungspsychologischer Effekte visueller Bildkompositionen. Präzise bedeutet hier nicht, die Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf ihre erzählerischen Qualitäten zu wählen, sondern die Verwendung von Codes der emotionalen Filmsprache als vom Künstler(:Selbst) angebotene Dialogform. Rainers Bänder spekulieren also nicht auf einen Monolog ständig wechselnder Reize, die er dem/der BetrachterIn auf die Retina schickt, sondern liefern intertextuelle Botschaften, die die Involviertheit des Gegenüber durch Phänomene unserer Wahrnehmung aktiviert.

Alles was wir sehen wird zuvor bruchstückhaft auf der Netzhaut abgebildet. Diese Netzhautprojektionen ergeben bestimmte optische Muster. Wenn nun Bewegungen gesehen werden, ziehen die Lichtmuster über die Netzhaut. Die Art des Fließens bestimmt, welchen Bewegungseindruck wir erhalten. Beispielsweise führen jene Charakteristika von außen nach innen fließenden Punkten und konzentrisch anwachsenden Projektionsformen über die gesamte Netzhautfläche hinweg, ausschließlich zu der Wahrnehmung, dass wir uns nach vorwärts bewegen. Rainer lässt das Videolicht aus der Brusttasche seines Arbeitsanzugs in der Weise auf die Netzhaut der BetrachterInnen ?pumpen? (Rainer), dass unsere Wahrnehmung stetig mit neuen Illusionen beschäftigt ist. Eine dazugehörige Geschichte, für die es sich lohnen würde, sich der Illusion hinzugeben - wie beispielsweise bei einer induzierten Bewegung durch eine Achterbahn-Kamerafahrt - verweigert er. Vielmehr übersetzt er, das was er, Helmut Rainer Selbst sieht ? Video (lat: ich sehe!) als die Muster, die auf seiner Retina landen. Helmut Rainers Selbstbild stellt das, was er sieht, als Illusion zur Diskussion und will in Verhandlung treten mit den Illusionen derer, die ihn sehen. (Suess)


Ausstellungen

Positionen österreichischer Gegenwartskunst, 1989

Cultureel Centrum "Schaarpoord" Knokke-Heist, Knokke-Heist, Belgium

Lichtkörperlicht, 1995

Galerie Steinek, Wien, Austria

Helmut Rainer, 1998

Villa aller Art, Bludenz, Austria

Spezifikationen

20sec kein Ton Farbe PAL

Technisches Protokoll

Studiosetaufnahme mit rotierenden Lichtobjekten, Beta SP Sony Kamera (Aufnahme); analoger Beta SP Schnittplatz (Schnitt); Beta SP (Master).

Ein Kanal Objekt: "Stummer Diener" (Holz) oder Kleiderhacken (Holz); blauer Arbeitsanzug ("Blauer Anton"), intergrierter LCD (Liquid Crystal Display), ein Abspielgerät (VHS).

Produktion

Helmut Rainer

Edition

Sammlung des Niederösterreichischen Landesmuseums, St.Pölten

Copyright

Helmut Rainer

Sichtungskopie

Niederösterreichisches Landesmuseum, St. Pölten; Medienkunstarchiv Wien; Artothek des Bundesministeriums Österreich, Wien;

Anselm Wagner: "Helmut Rainer - eine Zyklopädie"
Gespräch R. Scheffknecht mit Helmut Rainer, Wien 15. Januar 2001(MKA)
Helmut Rainer über seine Arbeit der Selbstportäts, Wien 1995