Trichter   Austria   1994

Karl KOWANZ  


"Der Trichter ist immer wieder neu" , sagt Karl Kowanz über seine Videoinszenierung Trichter. In zahlreichen Installationen tritt der Trichter immer wieder auf, um die Abbilder, die Kowanz auf den Monitoren seiner Installationen zeigt, neu zu inszenieren. Teilend, verdeckend, hervorhebend, arbeitet ein aus Kunststoff gegossenes Trichterobjekt mit dem Videobild.

"Das ganze Spiel, der Hokuspokus, der in der klassischen Dialektik um die Wahrnehmung gemacht wird, rührt daher, dass diese vom geometrischen Sehen handelt, das heisst, von einem Sehen, das sich in einem Raum ansiedelt, der wesentlich nicht der visuelle Raum ist. Das Wesentliche an der Beziehung zwischen Schein und Sein, zu dessen Herrn der Philosoph bei seinen Eroberungen auf dem Feld des Sehens sich so leicht aufschwingt, ist anderswo. Es ist nicht in der Geraden, es ist im Lichtpunkt/dans le point lumineux - im Strahlenpunkt, in dem Rieseln, dem Feuer, dem Springquell der Reflexe." (Jacques Lacan, Linie und Licht. In: Seminar Bucht XI, 1964)

Karl Kowanz inszeniert mit Trichter eine neue Variante seiner Raumkonstruktionen mit Video, bei denen er den Betrachter/die Betrachterin in seine Inszenierung mit aufnimmt und den beschriebenen Prozess des Sehens von Lacan in seiner Arbeit deutlich macht. Das Video, bestehend aus TV-Rauschen und Textgraphiken, wird zweimal gezeigt: einmal im angedeuteten Zoom des Trichters, einmal als "freie Monitorlichtquelle" im Raum. Die Szene verändert sich mit den Helligkeitswerten des Videos.

Zwangsläufig haben sich die Betrachter im Raum zu bewegen und diese Bewegung ist hier Teil der Wahrnehmungsarbeit. Im Versuch, den Raum visuell zu erfassen, wird die Unmöglichkeit des Unterfangens deutlich. Kowanz baut für diese Untersuchungen komplexe, vielschichtige Konstruktionen, die er vorerst am Computer entwirft und dann mit den geeigneten Materialien nachbaut. Hier entscheidet er sich für gegossenes PVC als Trichter und Aluminium als Träger und Reflektor von Licht, Farbe, Spiegelung.

Auch die stummen Endlosschleifen entstehen so: Vielschichtigkeit und Komplexität werden durch eine sich von links nach rechts bewegende Graphik, sowie Einblendungen des Textes: TAKE FOR FORGET FORSEE TV und der Bewegung der Lichtpunkte des TV-Rauschens ineinander verwoben und durch unermüdliche Wiederholung - welche einerseits ja nie die exakte Wiederholung bedeuten kann, andererseits aber vordergründig nicht hinzufügend agiert - in einem scheinbaren Zeitvakuum dargestellt.

Ein in sich geschlossenes System, aus dem der Betrachter im Mc Luhan?schen Sinne mit Lichtpunkten beschossen wird, egal, ob der/die BetrachterIn nun nahe vor der Bildröhre, oder aber durch die Reflexionen im Raum erwischt wird: um das fern Gesehene, die Television zu sehen, zu vergessen, und/oder zu nehmen.
(Suess)


Ausstellungen

Translucent Writings, 1994

Neuberger Museum of the Arts, Purchase, NY, U.S.A

USF Contemporary Art Museum, Tampa, Florida, U.S.A

Spezifikationen

3min kein Ton Farbe PAL

Technisches Protokoll

2 Videobänder: TV-Rauschen, Text (Adobe Photoshop) (Aufnahme); Einspielung via Luminanzkey über mechanisch-analoge Lichtrollenmaschine (Eigenbaumaschine Karl Kowanz), Textgenerator (Postproduktion) U-Matic HB (Master).

Installation:Trichter aus PVC; 2 Monitore; 2 Zuspielmaschinen.

Produktion

Karl Kowanz

Postproduktion

Medien Gruppe Austria

Copyright

Karl Kowanz

Sichtungskopie

Medienkunstarchiv Wien

F. E. Rakuschan über Karl Kowanz anlässlich von "Raum annehmen III" in der Galerie Gritta Insam (August 1990)