vertraulich behandelt   Austria   1999

Barbara HOLUB  

Benes neuer Schauraum ist zwar cool im Design, aber vielleicht zu cool, um als "hot spot" (wie bene ihr Firmenimage gerne vermarktet) durchzugehen: das Büro, wo sich neben Beruflichem die ganze Bandbreite von Diskretion und Feinmechanik erotischer Signale abspielt, wurde durch die bisherige Präsentation nicht ausreichend repräsentiert. Die Bene Art Consulting Managerin Désirée Schellerer wusste das zu ändern und sah die Chance eines eigenen Projekts. Sie wollte Zusammenarbeit und Sichtbarmachung von Prozessen fördern statt dekorativen Elementen über den Köpfen der MitarbeiterInnen. Mit Barbara Holub wurde eine Künstlerin ausgewählt, die sich in ihren Arbeiten mit Aspekten von Öffentlichkeit und der Thematisierung von anthropologischen Elementen wie Verbergen und Begehren auseinandersetzt.
Von Bene produziert sind neben anderen Büroausstattungsteilen vor allem die Tische: Besprechungstische, Schreibtische, Computertische, Konferenztische ... unter den meisten Tischen finden sich für das Vorankommen bei der Büroarbeit quasi tatenlose Teile des menschlichen Körpers: die Beine.

Barbara Holub inszenierte, besser liess durch die Mitarbeiter von bene inszenieren: Einblicke auf das im Büroalltag verborgene "unter-dem-Tisch" Happening. In nächtlichen Fotosessions ausserhalb der Büros, wurde so dem nachgespürt, was "unter den Tischen" sein könnte. Holub erzielte durch ihre scharfe Belichtung bei den Aufnahmen und durch die geringe Auflösung Effekte von dynamischen Paparazzi-Fotos. Durch die Einbeziehung der MitarbeiterInnen wurden die AkteureInnen gleichzeitig SchauspielerInnen und Betroffene. Sie agierten diskret im Möglichkeitsbereich.

Natürlich erreicht Holub durch die Uneindeutigkeiten innerhalb der visuellen Information eine Überzeichnung des spröden Büroalltags, wo gemeinhin Beine stundenlang übereinandergeschlagen an Durchblutungsstörungen oder zumindest Bewegungsmangel leiden. Oder ist es mit bene Möbel doch anders?

Die architekonische Gegebenheit eines "unbespielten Mauerstücks" zwischen Fensterfront des ersten und zweiten Stocks wurde von Barbara Holub als Blende verstanden: hinter diesen grauen Streifen sind unzählige (Mitarbeiter-) Beine unter vielen (Bene-) Schreibtischen. Diese Blende wurde durch die Leuchtkästen mit den Fotos gleichzeitig zum Projekt mit Fernwirkung: Aufblende auf einen Filmstreifen mit short cuts aus einer Geschichte, die aus Andeutungen besteht.

Zu Holubs Arbeitsstil gehört, Projekte als Prozess zu verstehen und aus dem Prozess verschiedenste Veröffentlichungen einiger Ergebnisse zu präsentieren. So gibt es neben dem plakativen Filmstreifen an der Häuserfassade auch ein Video, dass die Mitarbeiter über das Projekt sprechen lässt, in dem Fotokarten mit den Sujets der inszenierten "Unter den Tisch - Happenings" mit genauso verfänglich-ahnungsvollen wie banalen Sprechblasen: "heute nicht", "Vertrau mir", "Ich bin nicht die Frau für die du mich hältst, "Gib mir ein wenig Zeit Liebling" gezeigt werden.
In diesem Video versuchen die Mitarbeiter diskret "nicht betroffen zu sein", also kein Verlangen oder Begehren geortet zu haben, sondern vielmehr den analytischen Blick Holubs unter andere Tische mitzuschauen. Die gesellschaftlichen Codes professionalisierter Übereinkünfte über Stillschweigen sexueller Assoziationen werden im Video nachmals vorgeführt. Und: wie einer der Mitarbeiter resümiert, bene hat eben "...auch bei der Kunst ein Wörtchen mitzureden". (Suess)


Ausstellungen

Barbara Holub. vertraulich behandelt, 1997

Bene Schauraum, Wien, Austria

Spezifikationen

13min mono Farbe PAL

Technisches Protokoll

Mini Digital Video (Aufnahme);Pemiere Adobe (Digital Cut); Mini DV (Master)

Mitarbeit

Bene Mitarbeiter: Ulli Clement, Meinrad Fixl, Anna Hostalek, Andreas Koller, Désirée Schellerer, Werner Schuh; Camera: Barbara Holub; Digitalschnitt: Karl Kühberger

Produktion

Barbara Holub

Förderung

Bene Büromöbel KG

Copyright

Barbara Holub

Sichtungskopie

Medienkunstarchiv Wien