Der musikalische Affe I   Austria   1980 - 1983

Rudolf POLANSZKY  

Bereits 1977 begann der Künstler Rudolf Polanszky mit formalen Experimenten und theoretischen Überlegungen zum späteren ?musikalischen Affen?. Zentrales Element aller Auseinandersetzungen innerhalb der Video- und Fotoserie ?Der musikalische Affe I-III? ist die Rekonstruktion. Im Fall von ?Der musikalische Affe I? ist es die Rekonstruktion durch analoge Strukturen.

Mit einer Super8 Kamera filmt Polanszky den jeweiligen Ausdruck seines Gesichts entsprechend einer Reihe von varierenden Tönen, die er mit seiner Stimme erzeugt. Für jeden Ton verwendet er die der Tonlänge entsprechenden Kader; das Mikrophon bleibt ausgeschaltet.

Die Anordnung von Abzügen dieser Vielzahl von Bildern ergibt für Polanszky ein System der visuellen Darstellung seiner Laute und bildet gleichzeitig die Grundlage für sein weiteres experimentelles Vorgehen: In einem nächsten Schritt bearbeitet der Künstler die Porträts so, dass er das (sein) abgebildetes Gesicht in zwei Hälften teilt und jeweils die Hälften zueinander spiegelt. Die so entstandenen Doppelporträts aus jeder einzelnen Aufnahme sind sehr verschieden, dennoch aber zwei Bilder eines Tons: visuelles Stereo?

?Der musikalische Affe bin ja ich?? sagt Rudolf Polanszky in einem Gespräch mit Benedikt Ledebur und nimmt damit Bezug auf die Reflexion des eigenen Daseins in seinen Arbeiten. Zunächst einmal ist Polanszky der Performer seiner Arbeit und gleichzeitig ist er der Künstler, der das entstandene Bild des Performers zunächst in ein System stellt, um dann die Grundlage des Systems - und damit die Ordnung des einzelnen Bildes - radikal auseinander zu nehmen. Statt einer Entsprechung [Ton x = Bilder x-x] gibt es nun zwei Dimensionen [Ton x = Bilder x2-x2] und gleichzeitig ist ein imaginärer Resetschalter im Einsatz:

Bei der neuerlichen Zusammensetzung zielt Polanszkys Interesse eben nicht darauf ab, neue Modelle musikalischer Kombinatorik zu kreieren, also neue Musik zu produzieren, sondern sein Interesse gilt der Recodierung der Bilder und der referenziellen Anwendung des Codes innerhalb einer zweiten Ordnung.
Die Doppelporträts werden nach Ähnlichkeiten mit Polanszkys System erster Ordnung analysiert und der entsprechende Ton zum Bild vom Künstler erzeugt. Die einzelnen Filme, die ja ohne Ton aufgenommen wurden - werden mit diesen Audioaufnahmen quasi nachsynchronisiert.

Hier überträgt Polanszky Erkenntnismodelle der Evolutionstheorie auf seine Kunst. ?Kunst ist für mich ein Erkenntnisfeld? (Rudolf Polanszky) Heisst doch auch die Anwendung dieser Rekonstruktionsmethode, die Polanszky unter dem Begriff der ad hoc Synthese einführt, den ernsthaften Versuch zu unternehmen, Töne aus ihrem Geflecht von Bedeutungen heraus zu schälen, alle Redundanzen zu cutten, um neue Beziehungen und Erfahrungen entwickeln zu können. Aus einer beliebigen Zusammenstellung von Tonbildern werden die nach dem Ähnlichkeitsprinzip entsprechenden Laute rekonstruiert. Erweiterungen der Elementarbasis benennt Polanszky diese konstruierten neuen Erfahrungen, die sich mit der Wahrnehmung dieser Filme einstellen.

(Suess)


Ausstellungen

Rudolf Polanszky, 2003

Galerie Hohenlohe & Kalb, Wien, Austria

http://www.rudolf-polanszky.com/index3_1.html

Spezifikationen

3min 50sec stereo Farbe PAL

Technisches Protokoll

Super8 (Yashika) Einzelkaderaufnahmen (8 mm; 18 Bilder/s) Montage der Negative, Abzüge der Einzelaufnahmen auf Fotopapier; Erstellung eines Super8 Masters durch Duplizierung und Montage; Postproduktion mit Audio (2 Kanal Ton ); Abfilmen der Projektion auf Video (VHS); S8 (PREMaster); VHS, 16 mm und DVD (Mastercopy)

Installation:
Monitor, VHS/DVD Datenträger, Abspielgerät, 7 Fotoarbeiten (tlw. Collagen) mit jeweils vier Fotografien, 28 x 20 cm, gerahmt

Produktion

Rudolf Polanszky / Edition Wallenstein

Copyright

Rudolf Polanszky

Sichtungskopie

Niederösterreichisches Landesmuseum, St. Pölten, Medienkunstarchiv Wien

Rudolf Polanszky
Benedikt Ledebur im Gespräch mit R. Polanszky: in "Der Ficker", Wien 2005