MOOD   Austria   1995

Bernhard RIFF   Franz WEST  

Ein gesperrt geschriebener Titel, zwei sich aneinander legende "O"s - fertig ist der Kalauer. Oder doch nicht? Bernhard Riff und Franz West haben in "MOOD" handkameragefilmte Szenen aus internationalen öffentlichen Toiletten montiert. Die Aufnahmen zeigen Pissoirs und Muscheln in unterschiedlichen Farben und Designs in z.T. wiederkehrender Schnittfolge. Im unterlegten Ton erkennt der Kenner oder die Kennerin Geräusche aus einer Wiener U-Bahnstation: Rauschen, Klappern, Ansagen von abfahren wollenden U-Bahnführern. Was auf den ersten Blick als gelungener Gag erscheint, lässt allerdings bei gewisser Kenntnis des Oeuvres von West und anderer phänomenologischer Betrachtungen eine bemerkenswerte Subebene erahnen.

Die Stimmung öffentlicher Toiletten ist nämlich fürwahr eine videokünstlerische Betrachtung wert und zwar in zweierlei Hinsichten. Nicht nur, dass sich durch den sich aufdrängenden Verweis auf Marcel Duchamps "Fountain" (1917) ein ganzes Feld kunsthistorischer Deutung auftut (wie es für Wests Arbeiten in anderen Medien oft typisch ist) - es zeigt sich auch, dass das der menschlichen Anatomie angepasste Design von Klomuscheln und Pissoirs in (hier) lustiger Weise auf ein Allgemeines der Verfasstheit der menschlichen Spezies hinweist. Vom viel zitierten "Clash of Civilisations" ist in japanischen Bedürfnisstellen abgesehen von Hinweisschildern in japanischen Schriftzeichen nichts zu merken und schon gar nicht im Centre Pompidou, wo laut West und Riff die ersten Aufnahmen gemacht wurden. Auf der unmittelbar ästhetischen Ebene besticht das Video zudem durch die vom Schnitt noch betonte Farbkomposition.

Dass Riff und West in eher grindigen Männerklos zu Werke gingen und auch mit heterosexuellen Klischees nicht sparen (Fontäne aus Wasserhahn spritzt direkt in Abfluss!) passt füglich in die Low-Tech- und Povera-Ästhetik von West. Und Hinweise auf ein bewusstes Durchbrechen der politisch korrekten Attitüde einer Vielzahl von KünstlerInnen, die Video zu solchen oder ähnlichen Recherchezwecken benützen, erübrigen sich ohnehin, da die Aufnahmen durchgehend von Geräuschen einer Wiener U-Bahnstation untermalt sind, was gegen den Recherchecharakter auf den Willen zur Künstlichkeit in der Darstellung sozialer und körperlicher oder körperverwandter Themen offenlegt. Wir haben eben derzeit nur einen Leib in zwei möglichen Morphologien, die sich minimal unterscheiden. Riff und West haben recht, scheiß drauf. (Raab)


Ausstellungen

Franz West. Proforma, 1996

Kröller-Müller Museum, Otterlo, Netherlands

Kunsthalle Basel, Basel, Switzerland

MMK Stiftung Ludwig, 20er Haus, Wien, Austria

Drehmomente, 2000

Sammlung Hauser und Wirth, St. Gallen, Switzerland

Spezifikationen

6min stereo Farbe PAL

Technisches Protokoll

Originalaufnahme Hi-8, Nachbearbeitung: U-matic, später online mittels Media 100 und Adobe After Effects verändert

Produktion

B. Riff/F. West

Postproduktion

B. Riff

Copyright

B. Riff/F. West

Sichtungskopie

Medienkunstarchiv Wien und Archiv B. Riff